Ein Erlebnis für die Sinne

Rheinpfalz vom 12.04.2024

„Wolfgang Neidhöfer, neuer Dirigent beim Musikverein Haßloch, setzt auf ‚ehrliche Musik von freilaufenden Musikern‘.“

[Foto: Musikverein Haßloch]
In der Rheinpfalz vom 12.04.2024 erschien ein Bericht von Birgit Karg, die im Vorfeld zum Frühjahrskonzert mit Wolfgang Neidhöfer, dem neuen Dirigenten des Konzertanten Blasorchesters, gesprochen hatte. Der gebürtige Moselaner, der seit einigen Jahren mit seiner Familie in Worms wohnt, kam über den dortigen Jugendchor und Musikverein zur Musik. Heute leitet der studierte Tubist, Instrumentalpädagoge und Blasorchesterleiter die städtische Musikschule in Worms und ist als stellvertretender Landesmusikdirektor tätig. Nach Haßloch und zum Musikverein holte ihn vor einem Jahr Tatjana Geiger, die Leiterin der dort ansässigen Musikschule und selbst aktive Musikerin im Orchester.

„Mit seinem neu übernommenen sinfonischen Blasorchester in Haßloch sieht sich der Dirigent noch in der Aufbauphase. Der Altersschnitt in dem Laienorchester sei hoch, die ‚Corona-Delle‘ immer noch spürbar“, so fasst die Rheinpfalz die aktuellen Herausforderungen zusammen. Dazu wollen Musikverein und Dirigent an neuen Konzepten arbeiten, um neue und junge Mitspieler zu gewinnen. Die Hauptaufgabe von Wolfgang Neidhöfer liegt dann in der Förderung der individuellen Stärken der unterschiedlichen Musikerinnen und Musiker, um ein ausgewogenes Klangbild im Orchester zu erzeugen. Dabei wird auch sein persönlicher Musikgeschmack Einzug in das Repertoir des Orchesters halten, wie beispielsweise englische Brassband-Musik, aber auch Werke aus der Romantik oder von Gustav Mahler. „Ich liebe Musik, die ehrlich gemacht ist von freilaufenden Musikern“, zitiert die Rheinpfalz den Dirigenten.

Das Frühjahrskonzert mit dem Motto „Bilder in der Musik“ war in jedem Fall ehrlich gemacht und ein Erlebnis für die Sinne: malerisch, musikalisch und mitreißend. Den Anfang bildete „Red Rock Mountain“ von Rossano Galante, der es auf unnachahmliche Art schafft, den Zuhörerinnen und Zuhörern die eindrucksvolle Landschaft im Westen der USA  musikalisch vor Augen zu führen. Bildhaft ging es mit zwei Sätzen aus Johan de Meijs „Dutch Master Suite“ weiter: Das Konzertante Blasorchester brachte die Gemälde der alten holländischen Meister Rembrandt („Die Nachtwache“, 1642) und Vermeer („Der Liebesbrief“, 1669/70) eindrucksvoll zu Gehör. Susanne Münch führte als „Museumsführerin“ durch das Programm und stellte dem Publikum die einzelnen Werke vorab vor. Im ersten Satz brillierte Stefan Weis an der Posaune als „Hauptmann“ der Nachwache, der bei seiner nächtlichen Patrouille auch mal durchgreifen muss. Der zweite Satz erzählt die Geschichte einer adligen Dame, die einen Brief von ihrem Liebsten erhält. Mirjam Hantke-Zimnol übernahm den romantischen Gesangspart, bevor das ganze Orchester die Aufregung der Dame über den Liebesbrief in mitreißender Art darbot. Auf die alten Meister folgten vier expressionistische Werke der Künstlergruppe „Cobra“, die von Jan Bosveld musikalisch umgesetzt wurden. Darunter „La jeune fille et la mort“ (Das junge Mädchen und der Tod), bei dem das tiefe Register des Orchesters als musikalischer „Tod“ um das junge Mädchen in Form der höheren Register herumschleicht. Zarte Melodien überschneiden sich hier mit düsteren und bedrohlichen Klängen. Eindrucksvoll war auch der „Orgeldraaier“ (Drehorgelmann), dessen Instrument nicht mehr ganz rund läuft – ganz im Gegensatz zu den Musikerinnen und Musikern des Orchesters. Den Abschluss des ersten Programmteils bildete „Orient et Occident“ von Camille Saint-Saëns, der mit seinem Konzertmarsch eine meisterhafte Kombination aus europäischen (Abendland) und orientalischen (Morgenland) Klängen erschaffen hat.

Nach der Pause ging es mit der tänzerischen „Serenade“ von Derek Bourgois weiter, die in einem ungewöhnlichen 11/8.-Takt geschrieben, aber dennoch unglaublich beschwingt und leichtfüßig dargeboten wurde. Ergreifend wurde es bei einem Medley aus der „West Side Story“ von Leonard Bernstein. Weder die Geschichte um die tragische Liebe zwischen Tony und Maria, noch die mitreißenden Melodien haben im Laufe der Jahre an ihrer Kraft und Emotionalität eingebüßt. Das Publikum in Haßloch zeigte sich begeistert von der Darbietung des Orchesters. Im Gegensatz zur Dramatik der „West Side Story“ lud der folgende Bossa Nova „Desafinando“ von Antonio Carlos Jobim zum gedanklichen Entspannen an der Copacabana ein. Hier war insbesondere das Schlagzeug- und Percussion-Register gefordert, aber auch Andrew Meyer und Stefan Weis brillierten in ihren Soli an der Trompete bzw. der Posaune. Mit „Pirates of the Carribean“ von Klaus Badelt präsentierte das Orchester Melodien aus dem Film „Fluch der Karibik“ und einen krönenden Abschluss des Konzerts. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus und stehenden Ovationen, was die Musikerinnen und Musiker veranlasste, mit der „Blues Brothers Revue“ sowie dem Stück „Somewhere“ aus der West Side Story noch zwei Zugaben anzuhängen. Somit kann man von einem sehr gelungen Jahresauftakt des Musikvereins sprechen, weitere Auftritte und Konzerte folgen im weiteren Verlauf des Jahres.